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Das Jahr 774

Es war ein Jahr wie jedes andere Jahr: einkleiner Tropfen Zeit im unendlichen Rauschender Ewigkeit, eine Stunde zwischen dem unbegrenzten Gestern und einem nicht abzuschätzenden Morgen, ein irdischer Tag unter Sonne und Wolken und eine Nacht „unter der unermeßlichenKälte des blinkenden Sternenhimmels“,ein Vorbeiflug auf der langen Strecke zwischen dem Weitenanfang, dem unerforschten,und dem Weltuntergang, dem unbekannten. Was sollte uns da jenes ferne Jahr noch bewegen. uns, die wir 1200 Jahre darnachin Freud und Leid, sorgend und besorgt, uns wehrend und manchmal nicht bewährend die Kreise unseres Daseins zu vollenden haben?

Aber 774 hatte ein Mann gelebt, der hatte einenBaum gepflanzt, der bis heute nicht zerbrochenist, den Baum der Glonner Geschichte. Es warRatpot, der Sohn des Criminus; er schenkteam 21. März jenes frühen Jahres seinen Besitzan den Flüßchen „Mosaha amne“ und „Clana“der Marienkirche auf dem heiligen Berg inFreising; er beurkundete, daß er es „auf Eingebungdes höchsten göttlichen Lenkers“ tue.So ist denn in den Grundstein der GeschichteGlonns der Name des dreifaltigen Gotteseingeschrieben.

Wenn auch noch andere fließende Gewässer in Oberbayern den gleichen Namen „Glonn“tragen, so ist doch nicht daran zu zweifeln, daß Ratpot lebte, wo wir leben, kennzeichnet er doch seinen wohl weit ausgedehnten Herrenbesitz mit „Ländereien, Weiden, schluchtreichen Wäldern und herabstürzenden Wassern“.Und das alles trifft genau auf unsere Landschaft zu; da sind die Schluchten in Sonnenhausen und Haslach, die Wiesen auf den Hügeln, die Weiden in den drei Tälern und die herabstürzenden Wasser in der Naturgrotte von Ursprung. Und Stifterdemut und Besitzerstolz haben in der Urkunde von 774 den ersten Lobpreis auf die Schönheit unserer heimatlichen Landschaft gesungen. *)

Welch wundersame Wirkung einer guten Tat: Ratpots Name hat ein Jahrtausend überlebt. 774 lebte in der Burg des Baiernherzogs, mit dem Blick auf die Marien- und Bischofskirche, der Kluge, tätige und schreibgewandte Bischof Arbeo. „Mit großer Freude“ hatte Papst Gregor III. nach dem Plane von Bonifatius Salzburg,Passau, Regensburg und Freising zu Bischofssitzen des Baierlands erwählt. Arbeo hatte Korbinians Leiche von Südtirol nach Freising überführen lassen. In Arbeos Lebensgeschichte des hl. Emmerarn berauscht sich sein dichterisches Wort an der Schönheit des Landes zwischen Freising und den Bergen‘.,, Es ist sehr gut und lieblich anzusehen, reich an Hainen, wohl versehen mit Wein. Es besitzt Eisen in Fülle und Gold, Silber und Purpur im Überfluß. Das Land ist von klaren Quellen und Bächen bewässert. Der Erdboden scheint von Vieh und Herden aller Art fast bedeckt zu sein.Seine Männer sind hochgewachsen und stark,

 

*) Berganger ist schon 764 nachweisbar. So hatten unsere Nachbarn im Osten recht, wenn sie beim heurigen Glonner Faschingszug anschrieben. „Berganger ist 10 Jahre älter wia Gb. / Feiern tean mia net. / Aber g’freun tuats uns do‘.

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auf Nächstenliebe und Sitte gegründet‘.Vielleicht sind hier Ratpots Land und Personschon mitbeschrieben.Die klaren Wasser der Glonn, wohl ein wenigmächtiger als heute, sind auch damals schon,entgegen der sonstigen Richtung der großenFlüsse des Hochlandes, nach Süden gelaufen,der Mangfall zu. Wo heute Rosenheim landhaft- großstädtisch sich gibt, stand damals vielleichteine Torfstecherhütte. Wasserburg gabes, das innumschlungene, und Regensburgzeigte mit mächtigen Quadern und Türmennoch das Bild der Römerstadt, den Lagerplatzder 3. italischen Legion.,, Munichen“ aber warnoch lange nicht zu finden, und wenn München1958 mit stolzer Gebärde seine „lumpigen“800 Jahre feierte; wir tun so etwas bescheidener,aber auch „mit Herz“, und wir legen dankRatpot 400 Jahre dazu. Und wenn zu mittelalterlicherZeit der Herzog von München demFreisinger Bischof die Salzbrücke wegbrannte,wir Glonner schätzten lieber das Richtfeuer desFreisinger Bergs, das über tausend Jahre dergeistigen, der geistlichen und der künstlerischenKultur unseres Landes leuchtete.Unter dem Agilolfinger Tassilo (leider steckteihn König Karl 788 wegen angeblichen Hochverratsin lebenslängliche Klosterhaft) gab esglückliche baierische Jahre; die Klöster blühtenauf und mit ihnen die Wirtschaft. Kirchenund Kapellen mehrten sich, fast alleaus Holz gebaut; erst 200 Jahre später wirdder Holzbau vom Bau mit Steinen verdrängt.Im Jahre 774 geschehen in der Welt noch zweihier erwähnenswerte Dinge: König Karl zerschlägtdas Langobardenreich. Aus dem Langobardischenhaben sich in unserer Mundartnoch manche Worte erhalten, so das Wortdengg = links (So machte eine Wirtin eine gareinsichtige Bemerkung, als sie bei einem Leichenmahldas allgemeine Lob über den Verstorbenenhörte: „Ja, auf der oan Seitn war erganz recht, und auf der andern sand mia adengg!‘).Leichter im Gedächtnis hält sich das zweiteGeschehnis: Sechs Monate und drei Tage nachRatpots Besitzübergabe, am 29. September774, wird in Salzburg der Dom eingeweiht.Denk daran, mein Landsmann, wenn Du in dieMozartstadt kommst, sag dem Dom, dem Nachbarnaus der frühen Zeit, ein freundschaftlichesGrüß Gott und dem Herrgott sag ein Stoßgebetum Frieden für das schöne Land diesseitsund jenseits der Salzach und für Glonn,das so alt ist wie Salzburgs Dom!

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Die Heimat ist älter – Ihre Vorgeschichte

Nun dürfen wir nicht denken, Ratpot und seineFrau, so er eine hatte, wären der Adam und dieEva vom Glonner Paradies gewesen. Aus vorgeschichtlicherZeit haben uns ja die erstenMenschen unserer Heimat Zeugnisse ihres Lebens,ihres Mühens und ihres Hausens hinterlassen.Und wiederum vor diesen Menschenhat der Schöpferwille mit den Kräften derUrnatur unserem Lande die schönen großenKonturen eingezeichnet.

In drei gewaltigen Zeiten des Untergangs schufGott das liebliche Grundbild unserer Heimat.Während einer ungeheuren Einfrierung derErde schob sich dreimal das Eis der Alpen inmächtigen Decken aus dem engen Tor des heutigenInntals. Als dazwischen die warmenWinde einbrachen und der Föhn die Orgelblies, den tausendjährigen Winter zu unterbrechen,da trugen urige Ströme den Schutt der Zerstörung ins Land. Mit Schlamm und Lehm vermengt, bildete sich der Nagelfluh,wie er heute in der Schlucht von Altenburgmalerisch zu Tage tritt und Gebirgsromantikins Hügelland zaubert.

Aber wieder kam der riesige Gletscher undseine Brüder ins Feld und wieder erfror die Erde, und wo die Gletscher endeten, legtensie, ein wenig müde von der weiten Fahrt,ihr Schuttgepäck in niedrigen gleichförmigenWällen ab. Und diese geben den Fluren vonZorneding und Purfing, von Anzing und Schwabenden auch für uns Glonn-verwöhnte nochgefälligen Terrassenreiz. In der dritten und(vorerst!) letzten Eiszeit zog sich die Verglet-4scherung nicht mehr so weit hinaus. Aberdort wo sie Schluß machte, schuf sie dasfantasievollste aller Hügelgelände, ein Bildvoller Launen und Scherze, voller Einfall, vollerAnmut und Schönheit. Fächerförmig hatte sichder Eiskuchen des Inns noch einmal hinausgeschoben;er schuf die Höhenzüge von HeIfendorf,Egmating und Oberpframmern, lecktemit einer Zunge bis Buch vor und hinterließuns, wo später die Abflüsse fehlten, die reizendstenSeen. Das war etwa im zehnten Jahrtausendvor Christus. Und wieder kam dergroße „Sunnwind“. Das Eis schmolz. Die Moränenhügelüberzogen sich mit dem erstenschüchternen Grün der Wiesen. Aus ihrenAdern quoll der Bach hervor.

Wie der Boden rasch sich senkt und hebt, daschmiegt er sich anmutig ins Tal, da klimmt ersteil empor, da kuppt er sich rund zum Gugelhopf,dort kegelt er sich, hier reißt er schluchtenschmaleine Rinne ein und in einer Wiesenidyllehinterläßt er uns ein Eiszeittröglein vollklaren Wassers mit allzeit grünem Kraut amGrund und voller Sumpfdotterblumengold anseinen Rändern im Frühjahr. Welch jugendlichesGesicht hat doch unsere Landschaft!Und mit Dörfern und Höfen und Kirchen hatdoch längst die erhaltene Naturlandschaft sichinnig dem Menschenwerke hingegeben und istKulturlandschaft geworden.

Aus der Altsteinzeit finden sich bei uns keineFunde, wohl aber in den Anraingebieten aufder Münchner Ebene. In der Jungsteinzeit kamendie Siedler von den waldfreien Lößböden

 

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an der Donau und vom tertiären Hügelland beiLandshut, Moosburg und Freising in unser Moränengebiet.Der Mensch wurde seßhaft undblieb länger an einem Ort. Die Funde aus derjüngeren Steinzeit, etwa 4000 bis 2000 v. Chr.,stammen hauptsächlich vom äußeren Randeder Gletschermoränen in der Linie Holzkirchen-Glonn – Ostermünchen – Wasserburg. Scherben,Tierknochen und Kohlenreste fanden sich ineinem später aufgelassenen Glonner Tuffsteinbruch.1933 entdeckten wir in der nächstenNähe des Bahnhofs, hinterm Seiler Eichmeier,eine Wohngrube, von Lehm umschlosseneknöcherne Reste von Mahlzeiten, ein Steinbeilund ein Feuersteinmesser. Feuerstein brichtähnlich wie dickes Flaschenglas und gibt messerscharfeRänder. Tuffsteine waren in derGrube zusammengetragen worden; sie dientenentweder als Kochplätze oder als erhöhte Lagerstätten.Keramikscherben zeigten einfacheSchmuckformen, vielfach das Fischgrätenmuster.Aus der nachfolgenden Broncezeit wurdeein hübscher Krug im benachbarten Aying undverschiedene Gegenstände bei Piusheim gefunden.

 

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Kelten und Römer färben uns ein – Bajuwaren sind wir

Das erste Volk in der Vorzeit unserer Heimat,das uns mit Namen bekanntgeworden ist,ist das Volk der Kelten. Diese kamen von deroberen Mosel, dem oberen Rhein und deroberen Donau. Ein unruhiges Wandervolk.Teile von ihm drangen bis nach Britanien undSpanien, bis Italien und Griechenland, bis Kleinasienund an das Schwarze Meer. Nur ihreSprache läßt sie als Einheit erscheinen. Undaus ihrer Sprache ist unserm Fluß und mit ihmTal und Ort der Name zugewachsen: Clana, dieKlare. Nach dem Jahre 1000 gibt es einenOrtsadel de Clana. Im 14 Jh. findet sich „diekirch St. Johann zu Glan“ und Glan heißt heutenoch der muntere Bach, der weit von uns alsNebenflüßchen in die Salzach springt. Im 16.Jh. färbte sich der Name in Glon um und seitdem Dreißigjährigen Krieg schreibt man diezwei nn. In der Mundart heißt es „Gloo“, etwashart und selbstbewußt und fast wie „Klo‘. Undder Hauser von Haus hat es sich nicht entgehenlassen, in seiner „Glonner Schöpfung“, dienoch nie gedruckt und in Glonn nur einmal inder Lena-Christ-Stube vorgetragen worden ist,uns ein bißl „zu stroafa“ wie er sagt. Freilich,schön klingt auch das hochdeutsche „Glonn“;das klingt tief und summt aus wie die Zwölfuhrglocke,die hier zu Ehren kommen darf,weil sie für uns Ministranten einst „die großeGlocke“ war und schon Kraft dazugehörte, siezu läuten; es ist die Friedensglocke von 1653.

Daß der Namen Glonn seit der Keltenzeit gebliebenist, daß ihn auch die später einwanderndenBajuwaren übernommen haben, istnach Prof. Torbrügge ein Beweis, daß der Ortnie länger verödet und die Siedlungskette nielänger unterbrochen war. Die Kelten warenübrigens ausgezeichnete „Hand“-werker: Zimmerleute,Gerber, Schuster, Wagner undSchmiede; zur Erleichterung des Handels verwendetensie schon Münzen

.Aus der Zeit der Römerherrschaft, von 15 v.Chr. bis gegen 500 n. Chr. wissen wir von dengroßartigen Straßen, welche Augsburg (nach«Tacitus die glanzvollste Koloniestadt südlichder Donau und der Sitz des Statthalters) mit den sonstigen Zentren und schließlich mit Romverbanden. An der Straße von Salzburg überSeebruck nach Augsburg wurde nicht allzuweitvon uns bei Helfendorf der berühmte 60. Meilensteingefunden. Er trägt den Namen desKaisers Septimius Severus (192 bis 211). Dieser Herrscher stammte aus Afrika. Hannibal war sein Vorbild. Von den Donauländern führte er seine Heere gegen Rom. Der Untergang der antiken Kultur begann. Seine verderbten Söhne dem vergifteten Leben Roms zu entreißen, zog er im Alter gegen Britanien zu Feld. Er war schon gichtbrüchig und ließ sich in einer Sänfte tragen. Auf dem Feldzug starb er.

Römermünzen, in Glonn gefunden, gehen aufdie Kaiser Claudius und Nero zurück. Claudius war schwachen Geistes, aber ein durchtriebenerTyrann. 35 Senatoren und 221 römische Richter ließ er hinrichten. Er selber starb am Genuß eines vergifteten Pilzes. Sein Nachfolger und Stiefsohn Nero hielt ihm die Leichenrede. Dessen Schreckensherrschaft ist bekannt. Er endete durch Selbstmord. „Die Glonner“ hatten

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nur mit seinem Gold zu tun! Die Legionäre, Der romanischen Einmischung schreibt manBeamten und Händler aus Rom wollten in der teilweise die Neigung und Begabung desrauhen Provinz nördlich der Alpen auf die zivi- Altbaiern für das Musische und für die Musiklisatorischen und kulturellen Errungenschaften zu. Die Musik aber ist „das königliche Geihrerklassischen südlichen Heimat nicht ver- schenk“ der Altbaiern an die Welt. Haydn,zichten. So entstand wegen des zunehmenden Mozart und Schubert waren mit ÜberzeugungBedarfes eine große Töpferei für Terra sigilatta altbaierische Menschen.,, Redn ma soizburgebeimheutigen Westerndorf nördlich von Rosen- risch“, sagte Mozart, „dös is g’schickt“. Haydnheim. Zwischen Kleinhelfendorf und Schöngei- war übrigens der Sohn eines Hufschmieds undsing finden sich noch heute die besterhaltenen einer Köchin, wie das (was den Vater betrifft,Stücke von allen Römerstraßen in ganz wenigstens standesamtlich) auch bei LenaDeutschland. Christ der Fall ist.

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Spätestens im 5. Jh. kamen die Bajuwaren oderBaiwaren von Böhmen her ins Land*). Es warenmeist getaufte Christen, hingen aber noch derEhre des Arius an, der die Gottheit Jesu verneinte.Das heute noch im großen Credo gebetete„Gott von Gott, Licht vom Lichte, wahrerGott vom wahren Gott ….. geht bis an dasKonzil von Nicäa zurück, das die Lehre desArius verwarf. Mit den Bajuwaren taucht dasbaierische Volk in der Geschichte auf. Die Bajuwarenwaren nach Benno Hubensteiner „einBauernvolk, gutmütig und jähzornig, sinnenfrohund aufwenderisch, eigensinnig und beharrendwie noch heute. Der baierische Stammvereinigte dabei in sich Bevölkerungsgruppenunterschiedlichster Herkunft; manche Gruppenscheinen schon vorher in unserem Raum eingesessengewesen zu sein.

 

*) Die ing-Orte wie Grafing, Alxing, Zorneding, Egmating sind bajuwarische Neusiedlungen.

 

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Geschichte bis zum Schluß der Geschichte –

Die Anfänge des Christentums

Bald nach 700 hat der baierische HerzogTheodo den katholischen Glauben angenommen.Aber Christen gab es in Baiern auchschon im 7. Jahrhundert. So haben sich imJahre 651 200 Männer dem Zuge angeschlossen,der die Leiche des gemarterten BischofsEmmeram von Helfendorf nach Aschheimbrachte. Von Münster darf man annehmen, daßes eine altchristliche Zelle unserer Heimat war.Ein Urkloster dürfte es nicht gewesen sein,wohl aber zu einem Kloster gehörig. Der Flurname Heimeranholz, südwestlich von Münster,verweist vielleicht auf St. Emmeram in Regensburg.Daß die Kirche Johannes dem Täufer geweihtist, besagt, daß Münster wohl eine Taufkirchewar. Die Nähe des Marterortes Helfendorf hat ihm seine Bedeutung gegeben. Da damals das Taufen noch durch Untertauchenim Wasser vollzogen wurde, und da den Glonnflußsicher eine Verkehrslinie, vielleicht eine Furt, durchquerte, dürfte Glonn, dessen Kirche ebenfalls dem Täufer geweiht ist, Münster den Rang als Taufkirche abgelaufen haben.

Die Kelten hatten auf den britischen Inseln mitgroßer Leidenschaft das Christentum angenommenund mit dem ihnen eingeborenenWandertrieb durchzogen sie als Missionare dasFrankenreich und kamen später bis ins baienscheLand.,, Mit langem Haar, mit gefärbtenAugenlidern und dem ledernen Quersack aufdem Rücken“ ähnelten sie ganz und gar nichtden sanften und liturgisch-festlich gewandetenGestalten der malenden Nazarener undnicht denen auf den Bildern der Bibel in unsererKindheit, wohl etwas mehr schon den wandernden„Blumenkindern“ der 2. Hälfte unseres späten Jahrhunderts. Auch Korbinian, derHofbischof beim Herzog in Freising, hatte, wiewohler an der französischen Seine aufgewachsenwar, keltisches Blut in sich.

Als Ratpot seine fromme Stiftung tat, war unserLand schon ein christliches geworden, wenngleichmanch heidnischer Brauch und Zauberdaneben weiterlebte. 771 fand unter HerzogTassilo II. zu Neuching, zwischen Schwabenund Erding gelegen, eine Synode statt, und imJahre Ratpots erging an die geistlichen Würdenträgerdes Landes der Auftrag, dafür zu sorgen,„daß die Priester nicht unwissende Leuteseien, sondern die heiligen Schriften zu lesenund zu erfassen vermögen; ein jeder Bischofsoll daher an seinem Sitze eine Schule errichtenund einen weisen Lehrer bestellen, der nachder Überlieferung der Römer zu unterrichten undSchule zu halten verstehe.“ 804 erließ Karl d.Gr. ein Gesetz, daß Männer und Frauen dasGlaubensbekenntnis, das Vater unser und dieTaufformel zu lernen hätten. „Und der sie nicht festhält, soll Schläge bekommen, oder es sollen ihm die Getränke entzogen werden, außerWasser“. Da das Lateinische zu lernen schwerfiel, wurde 813 hinzugefügt: „Wer es nicht anderslernen kann, möge es in s e i n e r Sprachelernen.“

Wann in Glonn die erste Kirche stand, läßt sich nicht nachweisen. Die Gräberfunde auf demBäckerberg (an der Ebersberger Straße) zwischen1858 und 1937 brachten keine christlichenZeichen zutage; sie dürften also aus

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vorchristlichen Zeiten stammen. In Bergangeraber schenkten fromme Leute 776 – 78 ihr„Gotteshaus“ dem Bischof von Freising. Doch821 gibt es in Glonn einen Priester Ratpoto,der seine Wiesen, Wälder und Gewässer derMarienkirche in Freising vermacht. Nach demJahre Tausend fallen Bindungen und Stiftungenan das Kloster Tegernsee auf. 826 gibt es inGeorgenberg ein Oratorium (das ist ein eingesegneter,aber nicht geweihter Betsaal) undeinen Priester Hadhmunt.Bei dem großen Brand in der Schwedenzeitsind wohl alle damals vorhandenen Aufzeichnungenaus der Glonner Pfarrgeschichte verlorengegangen. So konnte der bienenfleißigsammelnde Pfarrer Niedermair für die Zeit biszum Jahre 1600 nur 11 Priester in seine GlonnerChronik eintragen, darunter jeweils überhauptkeinen aus dem 10., 11., 12. und 14. Jh. Währendin den ersten 8 Jahrhunderten nach der erstenurkundlichen Erwähnung Glonns also nur 11Priester namentlich nachgewiesen sind, folgenin den 4 Jahrhunderten seit 1600 nicht wenigerals 31 Pfarrherrn. Mag in der Geschichte desfrühen und auch noch des mittelalterlichenChristentums rund um Glonn vieles im Dunkelnbleiben, der wahre Ursprung liegt fest undTheodor Haecker, der Philosoph, umschriebihn 1935, in einer Zeit, da wir Menschen mehrSinn für das Geschichtsmächtige hatten, mitden Worten: „Die Menschwerdung Gottes ist insich Geschichte und bleibt Geschichte bis zumSchluß der Geschichte. Daß sich ein Mönch,der im 6. Jh. den Auftrag bekommen hatte, dieZeitrechnung rückwirkend festzulegen, verrechnethat (er vergaß das Jahr Null zwischendem Jahre 1 v. Chr. und 1 n. Chr. einzuschreibenund er übersah jene vier Jahre, da KaiserAugust unter seinem eigentlichen NamenOctavian regiert hatte) und Christus um einigewenige Jahre vor unserer Zeitrechnung geborensein dürfte, ändert daran nichts.

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