November 2023
Liebe Glonnerinnen und Glonner,
nachdem es die letzten Wochen einige Diskussionen zum Thema Windkraft gegeben hat und dabei einiges vermischt wird, versuche ich im Rahmen dieses Vorwortes die komplexe rechtliche Situation einigermaßen verständlich, aber stark vereinfacht, zu beschreiben.
Grundsätzlich sind Windräder privilegierte Bauvorhaben ähnlich dem Kiesabbau oder landwirtschaftliche Bauvorhaben. Dies bedeutet, dass es für die Rechtmäßigkeit nicht zwangsweise einer gemeindlichen Bauleitplanung bedarf. In Bayern wurde die Privilegierung auf Gebiete reduziert, welche einen Abstand zur Wohnbebauung von mindestens der 10-fachen Höhe (10H) eines Windrades haben. Sollen Windräder näher als 10H zur Wohnbebauung gebaut werden, so ist vorab eine gemeindliche Bauleitplanung notwendig.
Als Folge des „Wind an Land Gesetzes“ der Bundesregierung, wurden in Bayern Ausnahmen von der 10H Regel eingeführt und die regionalen Planungsverbände mit der Planung von Wind Vorranggebieten beauftragt. Wir gehören mit der Landeshauptstadt München und den 8 Umkreis-Landkreisen dabei der Planungsregion 14 an (https://www.region-muenchen.com/der-rpv/region ). Die im Bereich der Gemeinde Glonn relevante Ausnahme von der 10 H Regel zum Bau von Windrädern ist, dass der Bau eines Windrades ab einem Abstand von 1000 Meter von der Wohnbebauung in einem bestehenden Wald privilegiert ist. Dabei muss das Windrad mindestens einen Rotorradius tief im Wald stehen. In der Praxis hat diese Regelung aufgrund der langen Genehmigungszeiten von Windrädern keine große Bedeutung, da diese Übergangslösungen mit Inkrafttreten der Planung der Vorranggebiete außer Kraft treten.
Bei den Vorranggebieten müssen die Planungsverbände zunächst bis spätestens 31.12.2027 mindestens 1,1% der Gebietsfläche als Vorranggebiet Windkraft ausweisen. In einem zweiten Schritt müssen bis 31.12.2032 mindestens 1,8% der Fläche Bayerns als Vorranggebiet Windkraft ausgewiesen sein. Wie sich die 1,8% auf die Planungsverbände verteilen, ist momentan noch nicht festgelegt. Gelingt es nicht die vorgegebenen Planungsziele bis zu den festgelegten Daten zu erreichen, sind Windräder bayernweit nach aktuellem Recht privilegierte Bauvorhaben. Ziel unseres Planungsverbandes ist es die Festlegung der Vorranggebiete in der jetzigen Wahlperiode der kommunalen Gremien, also bis spätestens 30.4.2026, abzuschließen. Im Dezember soll im Planungsausschuss des Planungsverbandes ein Vorabentwurf beschlossen werden, der Anfang 2024 zur informellen Beteiligung an die Mitgliedsgemeinden, Landkreise sowie wichtiger Träger öffentlicher Belange geht. Im Sommer/Herbst 2024 soll dann das formelle Verfahren starten, welches Anfang 2026 mit der „Verbindlicherklärung der Feststellung des Teilfächenziels Wind“ enden soll.
Der momentane Entwurf des Suchraums enthält ca. 7,4% der Gebietsfläche, wovon ein großer Teil der Fläche im Landkreis Ebersberg liegt. Mit enthalten in diesem Suchraum sind auch die für Windkraft tauglich ausgewiesenen Flächen des digitalen Energienutzungsplanes der Gemeinde Glonn. Welche Flächen während des Planungsprozesses rausfallen werden, lässt sich momentan nicht sagen.
Unabhängig von obigen Regelungen haben Gemeinden die Möglichkeit zusätzliche Gebiete für Windkraft mittels Bauleitplanung auszuweisen. In dem komplexen Verfahren der Bauleitplanung haben die Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit die Möglichkeit Stellungnahmen abzugeben, welche von den Gemeinderäten abgewogen werden müssen.
Unabhängig von den Vorplanungen müssen zum Erlangen der Baugenehmigung für die Windräder umfangreiche Gutachten erstellt und Vorgaben eingehalten werden. Für den Abstand zur Wohnbebauung ist dabei vor allem die optisch bedrängende Wirkung, welche im BauGB §249 auf die maximal 2-fache Höhe begrenzt wurde, und der Immissionsschutz maßgebend. Somit dürften die aktuell diskutierten Windräder (Nabenhöhe 160m bis 180m und Rotordurchmesser von ca. 175m) ab einem Abstand von 550m bis 600m zur Wohnnutzung in vielen Situationen generell baurechtlich zulässig sein, sofern diese in Vorranggebieten liegen oder eine entsprechende Bauleitplanung vorausging.
Nach meiner Einschätzung werden die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit den laufenden Planungen dazu führen, dass es in unserer Gegend in der Zukunft eine größere Anzahl Windkraftanlagen geben wird, sofern die Wirtschaftlichkeit einer einzelnen Windkraftanlage gegeben ist.
Ihr Josef Oswald, 1. Bürgermeister