Entwurf eines Briefes  zum Abschied von Graf Maximilian Arco – Zinneberg

von Glonner Bürgern (vom Gemeindeschreiber oder sogar vom Bürgermeister?)

Aus diesen Sätzen wird, wenn man zwischen den Zeilen liest, deutlich, dass die Glonner einen baldigen Wegzug der Arcos von Zinneberg befürchten. Wenn man die damalige geschichtliche Entwicklung kennt, dann werden diese Bedenken verständlich. Am 4. Juni 1848 kam es in ganz Bayern zu einer revolutionären Veränderung: Das Grundentlastungsgesetz trat an diesem Tag in Kraft. Für alle von einem Grundherrn abhängigen Bauern, und das waren die meisten, bedeutete das    die Befreiung aus ihrer viele Jahrhunderte langen Abhängigkeit. Für den Grundherrn dagegen, das  war  häufig der Adel, war es gleichbedeutend wie der Verlust ihrer hochherrschaftlichen Stellung, einher ging damit auch ein herber Verlust ihrer Macht und eine erhebliche finanzielle Einbuße. Die  hohen Abgaben und Arbeitsleistungen, die sie bisher von Ihren „Grundholden“, das waren die von ihnen abhängigen Bauern, entfielen ab sofort. Das war jedoch nicht die einzige Einschränkung.
Am 30. März 1850 kam es zu einer weiteren Gesetzesänderung. Es wurde darin festgelegt, dass  die Berechtigung zur Jagd auf das Grundeigentum festgelegt wurde; die Eigenjagd war dem Grundeigentümer nur unter den Voraussetzungen, dass sein Grundbesitz entsprechend groß und die Grundfläche zusammenhängend ist, zugestanden. Damit entfiel für den Adel das Privileg des bis dato verbrieften Jagdrechts. Dass dieser Verlust für einen so leidenschaftlichen Jäger wie es der Zinneberger Graf Maximilian von Arco war, besonders schmerzlich war und ihn bis aufs Mark traf, ist gut nachvollziehbar.
Diese drastische Einschränkung habe ihn, so ist überliefert, maßlos geärgert, ja schockiert, so dass er sich sogar mit dem Gedanken trug, Bayern zu verlassen und seinen Wohnsitz ins benachbarte Österreich zu verlegen. Sein Bruder Louis besaß dort schon seit 1837 das südlich von Salzburg gelegene Schloss Anif und er selbst hatte auch schon seinen Sekretär mit der Suche nach einem Gut in Österreich, aber auch Ungarn beauftragt.
Dieser Sinneswandel ihres Grafen blieb den Glonnern nicht verborgen und sie befürchteten aus guten Gründen den Wegzug des bei ihnen in hohen Ansehen stehenden „Adlergrafen“.
In dem folgenden Entwurf eines Briefes an ihren Grafen bringen sie ihre Sorgen dazu zum Ausdruck. Beim Briefschreiber handelt es sich zweifelsfrei um eine gebildete Person. Die Sprache ist hochachtungsvoll und ehrfürchtig, manchmal fast blumig, in Teilen neigt sie zu der bis dato erlebten Unterwürfigkeit. Im ganzen Schreiben wird die Befürchtung des Wegzugs und sein Bedauern dazu zum Ausdruck gebracht.
Dieses Schreiben hat Frau Barbara Kreutzer im Rahmen ihrer Archivarbeit, zu der sie von der Gemeinde Glonn beauftragt wurde, in den bisher noch zum großen Teil ungeordneten historischen Unterlagen entdeckt. Wer der Schreiber war, darüber kann nur spekuliert werden. Vielleicht war es der damalige Lehrer Dunkes, der zusätzlich, wie damals üblich, auch Gemeindeschreiber war.
Zwischen der Familie Dunkes und den Arcos bestand, wie ein im „Dritten Reich“ von den Nationalsozialisten vielfach geforderter „Ariernachweis“ zu Tage brachte, eine familiäre Verbindung. Aloys Arco von Zinneberg, der Bruder von Max, hatte ein Verhältnis mit einer Tochter der Dunkes, aus dem drei Töchter hervorgingen. Er verstand es, dieses Verhältnis für die Öffentlichkeit und auch für seine Familie im Verborgenen zu halten. Er hat sich aber um seine Töchter in der Form gekümmert, dass er einen Notar mit der Auszahlung der Alimente beauftragte, und zwar sogar bis ungefähr zum 25. Lebensjahr.
Die Befürchtungen der Glonner in Bezug auf den Weggang waren berechtigt. Am 28. Dezember 1850 wurde der Kaufvertrag mit dem Markgrafen Fabio von Pallavicini abgeschlossen, Zinneberg hatte damit einen neuen Schlossherrn.
Max hatte Glück! Er musste sich nicht sehr lange  über den Verlust seiner Jagd und über diese für ihn negative Entwicklung in Bayern grämen. König Maximilian II. , der selbst mit der Jagd nur wenig zu tun haben wollte, den Grafen Arco jedoch als adeligen Freund und auch als Jäger sehr schätzte, sprach ihm die Jagdreviere um den Königssee zur alleinigen Jagdausübung zu. Für Max ging damit ein Traum in Erfüllung, er war jetzt der Jagdherr über die vier Oberförstereien Königssee, Ramsau, Bischofswiesen und Schellenberg.
Hier nun die wörtliche Wiedergabe des Brief-Entwurfes:

        Glonn am 22. May 1849

Hochgeborener Herr Graf,
Unendliches Wonnegefühl regte sich in unseren Herzen, als Eure Gräfliche Gnaden anno    ?   ten dies Monats hiesige Gegend mit dero hohen Gegenwart beehrte. Aber noch viel tieferen Eindruck machte bei uns gehorsam Unterzeichneten die Kunde, daß wie in früheren Jahren, auch heuer der Hochgeborenen Herrn Graf an der Seite Eurer verehrten  Gemahlin und der frischen munteren Jugend das stille ruhige Thal auf einige Zeit bewohnen werden.
Es regte sich in allen Herzen der unveränderliche feste Entschluß, Eure Hochgeboren durch einige Abgeordnete von hiesiger Gemeinde die Empfindungen und Gefühle, welche wir früher so noch jetzt, für Eure Gräflichen Gnaden und holden erhabenen Familie in eines jeden treuen Bayern ?? sich unwiderstehlich außen, ehrfurchtsvoll zu äußern.
Allein diese Freude wird uns unvermuthet entnommen, durch welches Geschick, uns ist es ganz unbekannt. Deßwegen wagen es die unterthänigst Unterzeichneten schriftlich ihre Gesinnung nah zu bringen.
Hochgeborener Herr Graf!
Wenn die heutzutage herrschenden Wirren so manches hervorbrachten, was in früheren Zeiten man sich nicht zu denken getraute, so können wir ehrfurchtsvoll Unterzeichnete die heilige Versicherung geben, daß die gegenwärtige Sachlage keinem aus uns nun willkommen und ersehnt ist. Wohl mag es unter Hunderten einen geben, der sich ob dergleichen Veränderungen freut, uns aber ist keinem bewußt, und wir hängen noch mit ebenso unerschütterlicher Treue………..(ab hier ist die Kopie
abgeschnitten)
Nehmen dahier Euer Hochgeborener  die Versicherung der gehorsamst Unterzeichneten, die nicht von Eigensucht oder sonstigen Interessen geleitet, und die aufrichtigsten Wünsche mit hin, nach jene Burg, die einstens die alten Höhlwarth in sich schloß und die jetzt stolz sein darf, das edle Geschlecht der Arco aufzunehmen.Verschmähen aber Euer Gräfliche Gnaden die Bitte nicht, die wir noch schließlich darzubringen wagen:
Wenn vergnügt und froh von den Alpen herab das Horn ertönt, wenn blitzend die Sonne ihre Strahlen über die Berge über den Spiegel der Isar wirft, und wenn liebend im Kreise der Ihrigen die Stunden Ihnen verschwinden, o so gedenken Sie an das ruhige friedliche Glonnthal, in welchem Menschen wohnen, die jederzeit bereit sind in guten und in schlimmen Tagen ihre Gutsherrschaft in ihre Mitte zu nehmen und immer rufen werden:

 Hoch lebe das Gräfliche Haus

Und hier das Original aus dem Gemeindearchiv Glonn

Kommentierung: Hans Huber